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World Youth Forum 2018 in Sharm El-Sheikh

Oder: Mal was Neues probiert

Liebe Leserschaft,

meine Reise nach Kairo, von der ihr vielleicht schon gelesen habt, geschah natürlich nicht ganz ohne Grund: Ich war auf dem World Youth Forum in Sharm El-Sheikh. Was das ist? Das erkläre ich gerne.

Die Idee

Beim World Youth Forum (WYF) handelt es sich um eine Veranstaltung für den Austausch junger Menschen untereinander, was erstens durch Vorträge, Workshops und Diskussionsrunden zu den verschiedensten Themen geschieht. Beispielsweise ging es dabei dieses Jahr um E-Sports, Zugang zu Wasser, Gleichberechtigung für Frauen oder Start-ups.

Zweitens ist es aber auch ein bisschen als Networking-Event gedacht, zumindest für alle, die darauf aus sind. Denn es waren dieses Jahr sage und schreibe 7000 Teilnehmer dabei, aus so ziemlich jeder Ecke der Welt und mit den verschiedensten Hintergründen in Hinblick auf Beruf bzw. Studium. Also an alle, die networken wollen: Packt ordentlich Visitenkarten ein. Ihr werdet sie schnell los.

Die Bewerbung für das World Youth Forum ist relativ leicht. Ihr müsst ein paar persönliche Angaben machen, ein Motivationsschreiben à la „Ich möchte zum WYF fahren, weil…“ schreiben und ein Foto hochladen. Das war’s. Natürlich wurden auch Leute abgelehnt, aber wer sich früh bewirbt, hat ganz passable Chancen, angenommen zu werden.

Kosten (bzw. Mangel derselben)

Das Coole am World Youth Forum ist, dass es einen fast nichts kostet, denn Flüge, Unterkunft (Einzelzimmer in schickem Hotel) und Verpflegung werden von dem Forum übernommen. Bezahlen müsst ihr lediglich das Visum (für Deutsche 25 US-Dollar) sowie die Anreise zum Flughafen, z.B. Frankfurt, München oder Berlin. Alles andere wird gestellt.

Pool vom Laguna Vista, unserem Hotel in Sharm El-Sheikh

So ganz ohne Geld sollte man natürlich trotzdem nicht nach Ägypten fahren, denn es gibt viel zu unternehmen und zu sehen, und das zu recht niedrigen Preisen. Seien es Ausflüge, Wassersport in Sharm El-Sheikh, ein Abendessen außerhalb des Hotels oder ein paar Souvenirs: Früher oder später werdet ihr Geld ausgeben, also packt welches ein. In Sharm El-Sheikh werden meist auch Dollar und Euro akzeptiert.

Warum es nichts kostet, erschloss sich mir erst mit der Zeit, glaubte ich zu Beginn doch an irgendeine Abzocknummer. Zum einen aber haben die Organisatoren sehr viele Sponsoren gewonnen, von denen einige in Ägypten durchaus namhaft sind, z.B. EgyptAir oder den Mobilfunkanbieter WE, die uns mit Flugtickets bzw. SIM-Karten versorgten. Zum anderen geht es natürlich darum, den Tourismus, der nach der Revolution von 2011 einen ziemlichen Einbruch erlitt, wiederzubeleben, und zwar durch besagte 7000 Multiplikatoren aus aller Welt, die ihren Freunden von Ägypten erzählen (z.B. auf ihren Blogs…). Man merkt: Das eigentliche Forum tritt dabei eher in den Hintergrund, weshalb nicht weiter kontrolliert wird, wer tatsächlich hingeht und wer gerade eher das ägyptische Schnorchelgewerbe unterstützt.

Ablauf

Das World Youth Forum dauert theoretisch sechs Tage, praktisch aber nur zwei. Die ersten zwei Tage sind pre-conference workshops (zu denen aber nicht alle eingeladen sind, die Gruppe aus meinem Hotel z.B. nicht), ein Tag ist Eröffnungstag, ein Tag ist Abschlusstag, also bleiben noch zwei Tage für das eigentliche Forum. An diesen Tagen finden besagte Workshops und dergleichen statt, bei denen man sich mit anderen Teilnehmern über verschiedene Themen austauscht.

Warten auf die Abfahrt des Busses (ich bin…irgendwo hinten)

Morgens geht man also im Hotel frühstücken, dann wartet man auf das Shuttle zum Conference Center und nimmt an den Veranstaltungen teil. Mittagessen gibt es auch im Conference Center, Abendessen dann wieder im Hotel.

Was war gut?

– die Kosten werden, wie gesagt, so ziemlich komplett übernommen. Wer eine Reise geschenkt bekommen möchte, muss also nicht weiter suchen.

Um das leibliche Wohl muss man sich hier keine Sorgen machen

– man lernt viele nette Leute aus diversen Ländern kennen. Natürlich sind Gespräche à la „So where are you from?“ auch manchmal anstrengend, aber man sollte sich trotzdem solche Chancen nicht entgehen lassen. Ich habe zum ersten Mal mit Leuten aus Palästina, Somalia und Afghanistan gesprochen, was durchaus interessant war.

immer schön Leute kennen lernen, hier z.B. Sakina aus Algerien

– Ägypten ist ein herrliches Reiseland, es gibt gutes Wetter, leckeres Essen, schöne Strände und faszinierende Ruinen.

Was war weniger gut?

– etwas schade fand ich, dass die einzelnen Veranstaltungen des World Youth Forums wenig lösungsorientiert sind. Z.B. war ich bei einer Veranstaltung über „Water and Climate Change“, an deren Ende wir uns alle einig waren, dass Wasser ungeheuer wichtig ist, niemand aber so recht wusste, wie man konkret der Wasserknappheit entgegenwirken kann, zumindest in einem Maße, das über „lieber duschen als baden“ hinausgeht.

– praktisch dauert das Forum zwei Tage, was sehr kurz ist. Man kann von allen Veranstaltungen nur ein paar besuchen, weil sehr viel parallel läuft. Geschickter wäre es wohl, die Veranstaltung auf vier Tage zu strecken, um eine bessere Auswahl zu ermöglichen.

– Zeitmanagement ist immer so eine Sache. Am Eröffnungs- und Abschlusstag haben wir unfassbar viel Zeit mit Warten verbracht, meist auf Veranstaltungen, die dann sehr schnell wieder vorbei und auch nicht wirklich interessant waren. Packt euch auf jeden Fall irgendeine Beschäftigung ein, z.B. ein spannendes Buch oder, falls ihr eher im 21. Jahrhundert lebt, eine Power Bank für euer Handy.

Warten auf den Beginn der Closing Ceremony

– Kommunikation! Der Informationsfluss war doch sehr dürftig. Bis heute weiß ich nicht, wer eigentlich für unsere Hotelgruppe oder überhaupt für irgendetwas zuständig war. Das Konzept „Ansprechpartner“ scheint in Ägypten oder zumindest beim World Youth Forum noch auf seinen Durchbruch zu warten (und warten muss man hier viel und lange). Macht euch auf Hau-ruck-Aktionen und kurzfristige Abfahrten gefasst.

Fazit

Seien wir ehrlich: Es ist eher so mittelmäßig organisiert. Das muss man wohl einfach in Kauf nehmen. Dafür seid ihr in einem schönen Land an einem schönen Strand mit interessanten Menschen, also seht es als (geschenkten!) Urlaub, an dessen Rande man eventuell etwas lernen kann.

Würde ich wieder hinfahren? Ehrlich gesagt nein, einfach weil ein Mal ausreicht. Würde ich es weiterempfehlen? Auf jeden Fall. Das Forum findet jährlich statt, also spitzt schonmal die Bleistifte für eure Bewerbung.

Eure im Warten geübte Charlotte

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