Oder: Eine Reise nach Chengdu, Leshan und Emeishan
Ja, Sichuan, wol soll man anfangen? Wir (Elisabeth, Valérie, Nicolas, Karl, ich) sind heute wiedergekommen und und alle immer noch beeindruckt von der Reise. Aber eins nach dem anderen!
Sichuan 四川 ist die Provinz nördlich von Yunnan, bekannt für scharfes Essen, knuddlige Pandas, einen nicht ganz einfachen Dialekt und gelegentliche Aufstände der tibetischen Bevölkerung. Wer “Wilde Schwäne” gelesen hat, kennt den Namen vielleicht auch (hier wächst die Autorin auf).
Chengdu 成都
Die Hauptstadt von Sichuan ist Chengdu (7 Mio. Einwohner), und dort begannen wir auch unsere Reise. Erster Eindruck: Wo ist die Sonne? Wir waren mehrere Tage dort und haben (ungelogen) ein einziges Mal die Sonne durch die Wolkendecke erahnen können. Es handelt sich nicht (zumindest nicht nur…) um Smog, sondern um Nebel, der wohl meistens den Chengdu’er Himmel bedeckt. Das hängt wohl irgendwie damit zusammen, dass die Stadt in einem Becken liegt.
In Chengdu jedenfalls gibt es einiges zu sehen. In der Stadtmitte gibt es einen Platz namens Tianfu-Platz 天府广场, dessen Blickfang eine sehr hohe Mao-Statue ist (Rough Guide: “his raised arm seemingly hailing a cab”).
Zu den weiteren Sehenswürdigkeiten Chengdus zählt außerdem der Wenshu-Tempel 文殊院, in dem wir Mönche haben singen hören. Das war echt beeindruckend und jetzt sehr schwer zu beschreiben – wie ein Klangteppich (sofern der Begriff nicht irgendwie schon zu abgenutzt ist), man vergaß schnell die Zeit (spät) und den Ort (kalt). Außerdem haben wir mit einem Mönch geplaudert, das war auch ganz interessant. In dem Kloster leben gut 40 Mönche (der jüngste war 14), außerdem noch Lehrer. Der Großteil des Tages besteht wohl aus dem Studium von Schriften, Beten und eben Singen. Und naja, das übliche – kein Fleisch und keine Frauen. Eine weitere erwähnenswerte Sehenswürdigkeit ist, zumindest für Sinologen, die Hütte von Du Fu 杜甫, einem Dichter aus der Tang-Dynastie (!wichtige Dynastie! 618-907, Du Fu lebte im 8. Jahrhundert), der sich hierhin für ein paar Jahre zurückzog und wie wild dichtete (es sind 240 Gedichte aus dieser Zeit bekannt, in seinem gesamten Leben verfasste er weit über 1000).
Außerdem haben wir ein paar Tagesausflüge unternommen. Wir waren in der Panda Research Base und haben gaaaaaaaanz niedliche Pandas bestaunt. Zugegeben – sie sind an sich eher träge Zeitgenossen und verbringen den allergrößten Teil ihres Tages mit Schlaf und Bambuskonsum, aber sie sind einfach putzig. Es gab auch Babys zu bewundern (süüüüß!!). (Leider war an dem Tag der Akku meiner Kamera leer, aber glaubt mir, das war echt niedlich). Dann waren wir noch in einer Stadt namens Huanglongxi黄龙溪, etwas gentrifiziert und touristifiziert, aber nichtsdestotrotz ließ sich noch der ursprüngliche Charme des Ortes erahnen. Der Hype begann wohl erst, als es ein beliebtes Filmset wurde (angeblich unter anderm für „Crouching Tiger, Hidden Dragon“, ich habe das aber noch nirgends bestätigen können. Mag sein.). Und zu guter Letzt haben wir uns so eine Art Bewässerungsanlage in der Nähe von Dujiangyan 都江堰 angesehen. Das Projekt stammt aus dem 3. Jahrhundert vor Christus und ist (theoretisch) noch funktionsfähig, die Hauptarbeit wird ihm aber mittlerweile von einer anderen Anlage flussaufwärts abgenommen. Schon beeindruckend!
Aber Chengdu ist viel mehr als das Abhaken von Sehenswürdigkeiten. Richtig – Sichuanesische Küche. Hmmmm, lecker!! Das bekannteste Gericht Sichuans ist Feuertopf 火锅, über den ich an anderer Stelle schon einmal ein bisschen geschrieben habe – ein großer Topf in der Mitte des Tisches mit kochendem Wasser, Öl, Gewürzen (CHILI!), in den man Gemüse, Fleisch, Tofu, Ei, im Prinzip alles Mögliche nach und nach hinzufügt und kocht. Sehr, sehr lecker und gerade in Sichuan ausgesprochen scharf, außerdem recht gesellig und irgendwie unterhaltsam. Ein wenig wie westliches Fondue, nur raffinierter.
Außerdem ist Chengdu noch bekannt für Hasenköpfe 兔头, die genau das sind, wonach es klingt. Schwierig zu essen, das Ganze. Dann gibt es noch Mapo Doufu麻婆豆腐, so eine spezielle Zubereitungsart für Tofu, mit jeder Menge Chili, etwas Fleisch und noch so allerlei Anderem, ausgesprochen schmackhaft!
Leshan 乐山
Von Chengdu aus reisten wir mit dem Bus weiter nach Leshan, wo es die größte Buddhastatue der Welt zu bestaunen gibt. Dieser Buddha ist genau 71m groß und sitzt milde lächelnd mit halb geschlossenen Augen am Ufer eines Flusses. Er wurde in der Tang-Dynastie (ich sage ja, die ist echt wichtig!) in Felsen gehauen. Man kann zu Fuß um ihn herum wandern, man fängt bei dem rechten Ohr an und kraxelt dann steile Treppen hinunter zu seinen Füßen, um von dort aus wieder hoch zu steigen.
Die Statue ist sehr beeindruckend, ist aber nach ein, zwei Stündchen fertig erkundet, und so setzten wir unseren Weg fort zur letzten und echt atemberaubendsten Station unserer Reise, Emei Shan.
Emei Shan 峨眉山
Emei Shan, unweit von Leshan, gilt im Buddhismus als heiliger Berg, und wer ihn einmal bestiegen hat, versteht auch, wieso. Der Legende nach hat diesen Berg ein Boddhisattva, eine erleuchtete Person also, namens Puxian auf einem Elephanten mit sechs Stoßzähnen bestiegen.
Der Zauber Emei Shans zeigt sich relativ spät. Wir haben uns in zwei Gruppen aufgeteilt, ich bin mit Valérie und Elisabeth den ersten Teil der Strecke zum Gipfel mit der Seilbahn gefahren, Karl und Nicolas sind den gesamten Weg gewandert. (Frustrierenderweise wurden wir nach einer Dreiviertelstunde von den Jungs überholt). Jedenfalls – die Wanderung ist an sich nicht die schwierigste, aber anstrengend, weil ungewohnt – der gesamte Weg ist auf Treppen zurückzulegen. Siebter Stock ohne Fahrstuhl ist nichts dagegen. Wir haben in 8 Stunden 1500 Höhenmeter, ausgerüstet mit dürftigem Kartenmaterial und professionell aussehenden Spikes für vereiste Partien, auf Stufen zurückgelegt. Die ersten fünf Stunden liefen wir durch Nebel, und wie wir einander später gestanden, überkamen alle drei zu dieser Zeit ernsthafte Zweifel, ob das alles so eine gute Idee war – es war kalt (5 Schichten), nass, nebelig, die Stufen nahmen kein Ende, außerdem muss man ständig auf der Hut sein vor Affen, die einen für Futter angreifen. Auf dem Weg läuft man immer wieder an Tempeln (die Unterkunft und Mahlzeiten anbieten) und kleinen Geschäften vorbei, an denen wir kurz Pause gemacht haben und uns irgendwie motivieren mussten, dann ging es weiter.
Kurz hinter einem Tempel namens Elephant Bathing Pool (dort hat der Elephant von Puxian ein Bad genommen, wie der Name sagt) durchbrachen wir dann die Wolkendecke und die Aussicht wurde mit jedem Meter atemberaubender. Man kann es schwer in Worte fassen. Das Ganze wird auch Wolkenmeer 云海 genannt und genau so sieht es auch aus. Wirklich erstaunlich, und dann erst versteht man, wieso dieser Berg heilig ist. Nach ein paar weiteren Stunden und unzähligen Stufen mehr erreichten wir dann unsere Bleibe für die Nacht. PUH! Am Morgen dann gönnten wir uns eine Seilbahn für die letzten Kilometer zum Gipfel und haben uns dort zusammen mit Karl und Nicolas den Sonnenaufgang angesehen – unbeschreiblich. Ich hoffe, die Bilder können ein bisschen was von dem Gefühl vermitteln.
Den Rest des zweiten Tages haben wir dann mit kleineren Umherwandereien verbracht und schließlich noch den Sonnenuntergang auf der Spitze des Emei bestaunt, sind dann zur Unterkunft zurückgekehrt, am nächsten Tag durch eine Horde Affen (von denen einer Valéries Wasser geklaut, aufgeschraubt, und ausgetrunken hat) zum Busbahnhof Emei gewandert, von dort aus zum Hostel am Fuß des Berges gefahren, um uns dann in einen Nachtzug zu setzen – und ehe wir uns versahen, waren wir wieder im sonnigen, heimeligen Kunming.
Ja, das war Sichuan. Wirklich eine Reise wert. Bald folgen noch mehr Bilder!