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Kunming: Neulich am Straßenimbiss

Oder: Henne-oder-Ei-Problem, mal anders

Wer meint, Mandarinkenntnisse reichten in Kunming aus, um seinen Namen auf Bankkonten zu ändern, liegt nur halb richtig. Neben dem „Hochchinesisch“/Mandarin wird an fast allen Orten in China irgendein lokaler Dialekt gesprochen, der dem Mandarin mal mehr, mal weniger gleicht. Wie fast überall gilt als Faustregel, je ländlicher desto unverständlicher; je unkomplizierter die ausgeübte berufliche Tätigkeit, desto schwieriger die Kommunikation für alle, die den Dialekt nicht beherrschen. Nichtsdestotrotz gibt es Unmengen Ausnahmen, in beide Richtungen. Oft wird Mandarin gesprochen, aber nicht verstanden. Doch es gibt auch Menschen, die nur ihren Dialekt verstehen. Es widerfahren mir öfters Szenen wie die folgende.

Auslandsstudentin: (hat (wieder) Hunger und möchte ein shouzhuabing 手抓饼, das dem deutschen Pfannkuchen, dem französischen Crepe oder dem amerikanischen Pancake gleicht, an einer Bude erwerben.) Nihao, ich hätte gerne einen Pfannkuchen mit Kabeljau.

Verkäuferin: (große Augen.)

Auslandsstudentin: Einen Pfannkuchen mit Kabeljau, bitte.

Verkäuferin: (Dialekt)….was?!

Auslandsstudentin: (deutet hilflos auf die an der Wand hängende Preistafel) Einen Pfannkuchen mit Kabeljau….

Verkäuferin: (schweigt. Ruft dann eine Kollegin herbei)…verstehe das nicht…!!

Auslandsstudentin: (wird sich der Aufmerksamkeit der anderen Restaurantbesucher bewusst. Sieht sich betreten um.)

Kollegin: (astreines Mandarin) Was willst du?

Auslandsstudentin: Nihao, ich hätte gerne einen Pfannkuchen mit Kabeljau.

Kollegin: (zur Verkäuferin) … Kabeljau…

Verkäuferin: …nicht mehr!!

Kollegin: (zur Auslandsstudentin) Die sind ausverkauft. Die mit Huhn sind aber sehr lecker.

Auslandsstudentin: Danke, dann nehme ich einen mit Ei… (schämt sich, durch sprachliche Unfähigkeiten solche Umstände zu bereiten.)

Kollegin: (übersetzt für die Verkäuferin und verschwindet)

Verkäuferin: …Huhn?

Auslandsstudentin: Ei! (versucht, den Blicken der anderen Gäste auszuweichen. Ob sie das mit dem Pfannkuchen einfach sein lassen soll?)

Verkäuferin: (zu dem im hinteren Teil der Bude bratenden Angestellten) …Pfannkuchen mit Huhn…!!

Auslandsstudentin: Nein, mit Ei…bitte. (nimmt sich vor, sich nie wieder über Leute aufzuregen, die ein Land bereisen oder in ihm leben, ohne auch nur ein Wort der Sprache zu kennen).

Verkäuferin: (verständnislose Miene. Was will die?)

Verkäufer: (eilt herbei, irgendwie muss man diese Lage mal in den Griff kriegen. Glücklicherweise bildet sich noch keine Schlange. Und glücklicherweise spricht auch eine Sprache, derer die Auslandsstudentin mehr oder minder mächtig ist, nämlich Mandarin.) Nihao, was möchten Sie?

Verkäuferin: (so viel hat sie schließlich verstanden) Pfannkuchen…Huhn.

Auslandsstudentin: Nihao, ich hätte gerne einen Pfannkuchen mit Kabelei.–ääh, einen Pfannkuchen mit Ei.

Verkäufer: Mit Ei. (zur Verkäuferin)…Ei.

Verkäuferin: (zum bratenden Angestellten) …Ei!!!

Irgendwie geht es immer.

 

Cover Image über Pixabay

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