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Zwischenstopp in Yangpingguan

Oder: Von einem Elektroroller und…sonst nicht so viel

 

Liebe Leserschaft,

für die Zugfahrt von Ürümchi nach Kunming haben sich unsere zwei Abenteurer vorgenommen, zwei Zwischenstopps zu machen und dafür nur per Hartsitz zu reisen. Hartsitzen, yingzuo 硬座 bedeutet: Man teilt sich mit zwei bis drei Mitreisenden sitzend eine Bank. Die erste Teilstrecke von Ürümchi nach Zhangye war überstanden; die zweite führte von Zhangye nach Yangpingguan. Lockere 20 Stunden auf einer harten Bank in einem muffigen Zug. Alles easy.

Yangpingguan 阳平关 liegt in der Provinz Shaanxi 陕西 und ist ein Ort, von dem man eigentlich gar nicht glauben mag, dass er an der Zugstrecke liegt, die die Metropolen Ürümqi und Kunming verbindet. Der Zugreisende, der von seiner Anreise leicht gerädert morgens aus dem Miniatur-Bahnhof Yangpingguans stolpert, erblickt die Hauptstraße des Ortes mit engen Restaurants, ein paar schläfrigen Rikschafahrern und tapsigen Hühnern. Alles klar.

Als erstes gilt: Unterkunft. Praktischerweise finden sich in der Umgebung chinesischer Bahnhöfe stets eine Auswahl günstiger Pensionen (binguan 宾馆), von denen sich meistens eine bereiterklärt, Ausländer aufzunehmen, denn eigentlich dürfen sie das nicht (eine Vorschrift, die allerdings nicht überall zur Anwendung kommt. Durchgesetzt wird sie u.a. in der scheußlichsten Stadt Chinas, Lanzhou). Nach dem Einchecken warfen wir einen Blick aus dem Fenster und sahen – eine Polizeistation. Ups.

Als zweites: Essen fassen. Relativ leicht. Als drittes: Was gibt es hier eigentlich so? Die Reisenden, froh, endlich mal nicht sitzen zu müssen, gönnen ihren geplagten Beinen einen Spaziergang zwecks Stadterkundung. Die drei Straßen Yangpingguans liegen in einem Flusstal, an dessen Ufern sich dichter, dunkelgrüner Wald erhebt. Es geht beschaulich zu.

Irgendwann macht sich die, sagen wir mal: schlafarme Nacht dann doch bemerkbar und der Wunsch nach Rädern wächst. Kein Problem –wozu hat man denn das Talent, Leute zu bezirzen? Und so suchen wir einen Fahrradladen auf, dessen Besitzerin wir zu überzeugen schaffen, uns kurz ihren Elektroroller auszuleihen. Also fahren wir weiter entlang dieser drei Straßen (die sich dann doch recht weit erstrecken), am Fluss entlang und an alten Häusern, schläfrigen Hunden, scharrenden Hühnern und kauzigen Alten vorbei. Es wird auch klar, warum man hier bedenkenlos Wildfremden einen Elektroroller ausleihen kann: Wo soll man auch hinfahren? An wen verkaufen? Nach dieser Spritztour bringen wir das Gefährt seiner Eigentümerin zurück, machen mit ihr Smalltalk und für sie ein paar Erinnerungsfotos, schlürfen zusammen Tee und erklären dann Yangpingguan für komplett besichtigt.

Am nächsten Morgen kosten wir das lokale Yangpingguaner Frühstück (eine besondere Nudelsorte), dann ruft wieder der Hartsitz, der uns bis Kunming befördern wird – 26 Stunden. Auch wenn Yangpingguan hübsch, aber nicht der aufregendste Ort der Welt ist, sind wir trotzdem froh, diesen kleinen Halt gemacht zu haben.

Eure ein Bett durchaus schätzende Charlotte

 

Cover Image über Pixabay

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