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Thomas Somerscales, Battle of Angamos (1889). Links die Huáscar.

Wer war Miguel Grau?

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Oder: Mal was Historisches – das Seegefecht von Angamos

 

Liebe Leserschaft,

nun bin ich ungefähr anderthalb Monate in Peru, und es läuft eigentlich ganz gut. Es spielt sich so eine gewisse Routine ein, morgens gehe ich zum Radio und abends nach Hause, zwischendrin ist noch eine Siesta. Und gestern erst vollzog sich ein weiterer Schritt des Ankommens: der erste Haarschnitt in einer neuen Stadt. Auch irgendwie immer so ein bisschen mit Wurzelschlagen verbunden, finde ich. Solange die Haarwurzeln drinbleiben.

Auf meinem vorgestrigen Weg zum Radio Marañón jedenfalls kam mir irgendetwas anders vor. Viel weniger Mototaxis, weniger Motorräder, generell weniger Menschen und irgendwie auch weniger Hunde. Wie sich dann bei der morgendlichen Sitzung herausstellte, war tatsächlich ein Feiertag (wir als verantwortungsbewusstes und fleißiges Radio arbeiteten natürlich trotzdem). Es wurde einer Schlacht gedacht, dem Seegefecht von Angamos, und ihres federführenden Generals auf peruanischer Seite: Miguel Grau. Wer? Eben.

Der Hintergrund

Also. Miguel Grau war peruanischer Admiral im Salpeterkrieg (1879 – 1884, auf Englisch übrigens War of the Pacific bzw. auf Spanisch Guerra del Pacífico) zwischen Peru und Bolivien einerseits und Chile andererseits. Wie so oft bei Kriegen war dem Salpeterkrieg ein Territorialkonflikt vorausgegangen, und zwar um Gebiete, die heute zu Chile, damals aber zu Bolivien gehörten. Auslöser des Salpeterkriegs war eine Steuer auf chilenischen Salpeter, die Bolivien erhob, obwohl dies gegen einen Vertrag zwischen beide Staaten verstieß. Peru bot sich als Mediatorin an, wurde letztlich aber dadurch doch, wie das wohl manchmal geschieht, in den ganzen Konflikt hineingezogen und befand sich bald in einer Allianz mit Bolivien, das Chile Anfang April 1879 den Krieg erklärte.

Miguel Grau selbst erlebte den Salpeterkrieg eher weniger, denn er fiel bereits im ersten Jahr des Krieges beim Seegefecht von Angamos. Dieses Gefecht war, obwohl es ziemlich am Anfang des Krieges stattfand, von großer Bedeutung, wurde doch die peruanische Flotte vernichtend geschlagen, wovon sie sich den Rest des Krieges über nie so ganz erholte.

Der Mann

Miguel Grau Seminario wurde 1834 im nordperuanischen Piura geboren und fuhr mit neun Jahren das erste Mal zur See, und zwar auf einem Handelsschiff nach Kolumbien. Das Schiff sank jedoch kurz vor der kolumbianischen Küste, was Miguel Grau jedoch nicht davon abhielt, weiterhin in See zu stechen – vielleicht irgendwie passend für das restliche Lebens dieses Mannes, wenn ich jetzt so darüber nachdenke.

Miguel Grau, Ölgemälde im Peruanischen Maritimen Museum in Callao

Überhaupt reiste Miguel Grau viel auf Handelsschiffen, sogar nach Asien verschlug es ihn. Mit 19 ging er dann zur peruanischen Marine und legte dort eine ziemlich steile Karriere hin. Als der Salpeterkrieg am 5. April 1879 ausbrach, war er Kapitän auf der Huáscar, die bald dafür berühmt wurde, aus dem Nichts erscheinen, anzugreifen und wieder zu verschwinden.

Die Schlacht

Wie aber fand nun Miguel Graus Leben im Seegefecht von Angamos sein Ende? Bei dieser Schlacht war Miguel Grau weiterhin Kapitän der Huáscar, zu diesem Zeitpunk letztes Kriegsschiff Perus. Er starb durch einen der ersten Treffer der chilenischen Marine auf der Brücke der Huáscar.

Ich möchte wirklich niemanden mit Gefechtsformationen (oder noch schlimmer, meinen Versuchen, Gefechtsformationen zu beschreiben) langweilen, deshalb hier nur mal ein paar Fakten zum Seegefecht von Angamos. Wichtig ist natürlich zuerst einmal, wie es ausging: ein deutlicher Sieg für die chilenische Marine, die die Huáscar reparierte und in der eigenen Marine einsetzte. Versuche der peruanischen Besatzung, das Schiff zu senken, als sich abzeichnete, dass die Schlacht nicht zu gewinnen war, waren gescheitert. Auch interessant: Das Gefecht war von einem gewissen Ungleichgewicht geprägt, denn der chilenischen Seite standen mehr Schiffe zur Verfügung als der peruanischen (sechs bzw. zwei). Peru musste größere Verluste einstecken: 41 Tote, darunter Miguel Grau, 19 Verwundete und sehr viele Gefangene. Demgegenüber fiel nur ein chilenischer Soldat und es wurden neun verletzt.

Der Salpeterkrieg zog sich noch einige Jahre und endete 1884 mit einem Sieg für Chile, auch wenn der Friedensvertrag erst 1904 unterzeichnet wurde. Chile konnte sein Staatsgebiet weiter ausdehnen, Bolivien hingegen verlor seinen Küstenzugang.

Die Gegenwart

Nach seinem Tod im Seegefecht von Angamos wurde Miguel Grau zum peruanischen Nationalhelden. Berühmt sind seine Tapferkeit und Aufrichtigkeit, die ihm auch den Beinamen „el caballero del mar“ (in etwa: der Gentleman der See) einbrachten. Miguel Grau war auch Kongressabgeordneter und bis heute wird zu Beginn der Sitzungen des Kongresses (wenn er nicht gerade aufgelöst ist, * hust *) sein Name aufgerufen, worauf die Abgeordneten mit „anwesend“ antworten.

Ich muss gestehen, mich wie viele andere Deutsche mit dem Gedenken von Schlachten oder „Helden“ in Uniform ein bisschen schwer zu tun. Ist das nicht irgendwie bestenfalls veraltet, wenn nicht sogar blutrünstig? Schwer zu sagen, es mag alles durchaus sein. Nichtsdestotrotz erschien mir der Aufhänger ganz interessant, um ein bisschen was über peruanische Geschichte zu Papier zu bringen. Hier in Peru scheint ein Gedenken dieser Art aber zumindest akzeptiert zu werden, und auf Miguel Grau und seine Tapferkeit ist man das ganze Jahr über stolz, besonders aber am 8. Oktober.

Liebe Leserschaft, ich hoffe euch hat dieser kleine Beitrag gefallen und ihr konntet ein bisschen Neues über peruanische Geschichte erfahren. Themen wie diese werfen natürlich viele Fragen auf – wie sollte man über Menschen sprechen oder schreiben, die im Krieg gefallen sind? Wer ist überhaupt ein „Held“? Was soll man halten von der Angewohnheit von Menschen, immer wieder Grenzstreitigkeiten zu Kriegen werden zu lassen (oh, hallo China)? Es ist alles nicht ganz leicht. Wer dazu (oder zu Anderem) Gedanken hat, schreibe wie immer gerne eine Nachricht oder einen Kommentar! Gilt übrigens auch für militärische Fachtermini.

Eure im Kriegerischen echt nicht bewanderte Charlotte

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