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Kunming: Neulich auf dem Ausländeramt

Oder: Study hard!

Wir befinden uns auf dem Ausländeramt in Kunming, auf dem jeder, der eine Aufenthaltsgenehmigung zum Studieren beantragt, eine kurze Unterrichtung bezüglich chinesischer Gesetze erhält. In diesem Fall ist es eine Gruppe Studenten der Yunnan-Universität. Ein großer Raum, hohe Decken, blitzblanke Aschenbecher, plusterige Ledersofas.

Studenten: (lassen sich die zweistündige Wartezeit vor diesem Zimmer nicht anmerken, langweilen sich aber doch mittlerweile ziemlich. Versinken langsam, aber sicher in den Polstern. Manche studieren auf Chinesisch, manche können Begrüßungen, Tiere und Farben sagen.)

Dolmetscher: (eigentlich Hiwi des Master-Studienganges Chinesisch als Fremdsprache beim Visumsbüro der Universität, hilft hier mit Englischkenntnissen aus. Schaut verstohlen auf sein Handy. Es ist die letzte Gruppe für heute).

Polizist: (betritt gestresst mit einem Stapel Papieren den Raum, schaut in die Runde. Eigentlich könnte er gerade Taschendiebe und evangelikale Missionare dingfest machen, aber nun gut. Räuspert sich. Kein Freund umständlicher Einleitungen, sehr wohl aber des Prinzips, mit Leuten, die einer Sprache nicht mächtig sind, etwas lauter zu sprechen, dann verstehen sie es schon.) Also! Ihr seid hier, um Chinesisch zu lernen! Nicht zum Vergnügen! Ihr habt ein Studentenvisum! (wendet sich an eine Gruppe Studentinnen, die, wie die Verfasserin aus zweistündigem vorangegangenem Smalltalk weiß, aus Thailand stammen und in Kunming chinesischsprachige Masterstudiengänge belegen) In einem halben Jahr kommen wir an eure Uni! Und wenn ihr bis dahin euch nicht mit mir unterhalten könnt, müsst ihr China verlassen! Es muss nur ganz einfach sein! Nichts Kompliziertes! Aber ihr müsst sprechen können! Habt ihr das verstanden?

Dolmetscher: Study hard.

Studenten: (gelangweilt) Okay.

Polizist: Außerdem! Ihr dürft nicht arbeiten! Auf gar keinen Fall! Das ist streng verboten! Von wegen Englisch unterrichten und modeln und so! Das geht nicht!

Dolmetscher: And do not work.

Studenten: Okay.

Polizist: Habt ihr das verstanden?

Dolmetscher: Do you understand?

Studenten: Yes.

Polizist: Wenn ihr verreist, müsst ihr euch innerhalb von 24 Stunden bei der nächsten Polizeistation melden! Sonst kostet es pro Tag 500 Yuan! Und es ist illegal! 500 Yuan!

Dolmetscher: Always register at the police station.

Studenten: Okay.

Polizist: Ihr müsst immer alle Gesetze befolgen! Und alle Regeln eurer Uni! (Pause. Was soll man dazu noch sagen?) Übersetz das mal!

Dolmetscher: Always obey Chinese laws.

Studenten: Okay.

Polizist: Wenn ihr gegen das Gesetz verstößt, kann es passieren, dass ihr China verlassen müsst! Ohne Abschluss! Und falls ihr bleiben dürft, steht auf eurem Abschlusszeugnis, dass ihr das Gesetz gebrochen habt! Vergesst das nicht! Wenn ihr euch damit bewerbt, wird niemand euch einstellen! Wer will schon jemanden, der ein Verbrechen begangen hat! Niemand!

Dolmetscher: Do not break any laws.

Studenten: Okay.

Polizist: Noch eine Sache! (wendet sich an den Dolmetscher) Haben die hier eine Religion? (wedelt mit seinen Papieren über die Köpfe der Studenten)

Dolmetscher: Ääääh…also hier sind ein paar aus Thailand, das werden Buddhisten sein.

Polizist: Also! Ihr dürft in den Tempel gehen oder in die Kirche oder sonstwo hin! Aber es ist in China nicht erlaubt, Religion zu verbreiten! Das ist verboten! Wer das tut, muss China verlassen!

Dolmetscher: Do not spread religion.

Studenten: Okay.

Polizist: Gut! Das war’s! Ihr könnt gehen!

Thailändische Studentinnen: (lächeln entwaffnend) Dankeeeee!

Polizist: (verwirrt. Das ist ihm wohl noch nicht untergekommen).

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