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Studentenwohnheime in China

Oder: Ein bisschen Glück schadet nie

 

Liebe Leserschaft,

heute beginnt die coole neue Unterwegszeilen-Serie namens „Tipps & Tricks“. Hier wird es in loser Folge praktische Hinweise zum Studium (und v.a. dem Studienstart) in China geben, die sich allen Interessierten hoffentlich als nützlich erweisen.

In Folge 1 wird es um etwas ziemlich Elementares gehen: Studentenwohnheime in China. Zugleich verdeutlichen sie auch ganz gut die Fragmentierung dieses wunderbaren Landes: Studentenwohnheim ist nicht gleich Studentenwohnheim. Es bleibt so ein gewisses Überraschungsei, das ihr erst bei eurer Ankunft / eurem Einzug öffnet. Aber ein paar Tendenzen gibt es doch.

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Das Ausländerwohnheim der Nanjing University

Vorab noch ein Hinweis: In diesem Artikel geht es um die Wohnheime für Ausländer, denn Chinesen wohnen noch einmal getrennt. Und egal wie die Standards des Ausländerwohnheims sind, die der Chinesenwohnheime werden mit Sicherheit darunter liegen (ich sage nur: Sechsbettzimmer). Ziemlich unfair das Ganze, finden alle Beteiligten, aber eine Änderung ist nicht in Sicht.

Ausstattung

Meistens gibt es in Ausländerwohnheimen Zweibettzimmer, manchmal mit angeschlossenem Bad, manchmal mit Bad auf dem Gang. In manchen Unis kann gegen Aufpreis auch ein Einzelzimmer gemietet werden. Generell variiert, wie so vieles in China und an chinesischen Unis, die Ausstattung doch sehr. An der Nanjing University wohnten wir Ausländer im Prinzip in einem Hotel, mit eigenem Bad, Fernseher, Klimaanlage und allem Drum und Dran. Es gab sogar Putzfrauen, die sogenannten ayi(s) 阿姨, die den Flur und die Lobby (ja, die Lobby) saubermachten. Dann zog das Wohnheim um, was ein ziemliches Upgrade war, weil es jetzt so richtige Wohnungen mit Einzelzimmern gab. Das war schon sehr schick. Im Wohnheim der Yunnan University hingegen suchten wir recht lange die Duschen, um dann festzustellen: Es gab keine! Zugegebenermaßen habe ich im dortigen Wohnheim aber nur zwei Wochen gewohnt, aus diesem und anderen Gründen. Wieder andere Wohnheime haben sogar einen richtigen Zimmerservice, was sicherlich auch echt nice ist.

im zweiten Wohnheim der Nanjing University (frisch eingezogen!)

Ein anderer Knackpunkt sind auch immer Kochmöglichkeiten: Manchmal gibt es eine Küche für den Flur, aber selber auf dem Zimmer mit diesen elektrischen Kochplatten zu kochen, ist natürlich untersagt. Der Brandschutz und so. Einerseits ist das natürlich durchaus nachvollziehbar, wenn man sich die Ausländerwohnheime mal genauer ansieht, denn Rauchmelder gibt es dort natürlich nicht. Und was genau ist eigentlich ein Fluchtweg? Wenn man dann von einem Kommilitonen hört, wie sein Mitbewohner und dessen Freunde so eine thailändische Spezialität mittels Kochplatte zubereitet haben, bei der ein kleiner Tintenfisch erst in einem Kochtopf mit Alkohol übergossen und dann angezündet wird, denkt man sich: Vielleicht ist Kochen auf dem Zimmer echt nicht immer so gut. (Hat aber wohl super geschmeckt). Andererseits gibt es in China generell keine Rauchmelder, von daher ist das irgendwie auch wieder keine so logische Erklärung. Hinzukommt, dass viele ausländische Studenten Muslime sind und ohnehin auf eine Küche angewiesen sind, oder zumindest auf die Möglichkeit, selbst zu kochen.

In der Praxis duftet es ohnehin aus allen Ecken des Wohnheims nach Abendessen, wenn man zwischen 18 und 19 Uhr durch seine Gänge oder auch nur an ihm vorbei geht. Nunja.

Mitbewohner

Ausländerwohnheime sind ziemlich cool, weil sie ein wunderbar internationales Flair haben. Sie sind auch eine gute Möglichkeit, auch zu Hause kein Englisch zu sprechen, denn die meisten Bewohner werden besser Chinesisch können.

Seinen Mitbewohner im Zweierzimmer kann man sich in aller Regel nicht aussuchen, da muss man schon ein bisschen Glück haben. An der Yunnan University habe ich mit einer Holländerin zusammen gewohnt, mit der ich mich sehr gut verstanden habe und mit der ich nach jenen zwei Wochen zusammen in eine WG gezogen bin (und mit der ich bis heute viel in Kontakt bin, gegenseitige Besuche inklusive). An der Nanjing University hatte ich erst eine Mitbewohnerin aus Usbekistan, die eigentlich ganz nett war, nur leider hatte ich in dem Semester überhaupt keine Zeit, irgendwie ein Sozialleben zu pflegen oder auch nur aufzubauen (Augen auf bei der Masterwahl!), danach eine Mitbewohnerin aus Frankreich, mit der ich mich weder gut noch schlecht verstand. Immerhin gab es zu diesem Zeitpunkt ohnehin Einzelzimmer und somit das Konzept von „Tür zu“, für das wir beide sehr dankbar waren.

Regeln

Natürlich gibt es Regeln, und natürlich gehen sie einem gegen den Strich. Kein Übernachtungsbesuch, ever. Viele Wohnheime schließen zu einer bestimmten Uhrzeit; die Bewohner des Wohnheims der Yunnan University mussten zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens eben sehen, wo sie blieben. An der Nanjing University gab es eine Klingel, mit der man eine ayi aus dem Schlaf schrecken konnte, die einem dann (verständlicherweise) missgelaunt aufschloss. Anderswo muss man eine kleine Gebühr entrichten, um nachts hineingelassen zu werden; diese Gebühr ist aber so wenig, dass es sich nicht lohnt, zu hinterfragen, wo sie eigentlich hinfließt bzw. ob sie überhaupt großartig irgendwo hinfließt, nachdem die ayi sie sich in die Tasche gesteckt hat.

Vielleicht kann man auch einfach drüberklettern

Eine andere, europäischen Vorstellungen noch viel mehr widersprechende Praxis sind Wohnheimsdurchsuchungen. Die werden natürlich angekündigt und tendenziell halbherzig durchgeführt, aber sie finden durchaus statt. Gesucht wird im Übrigen nichts Politisches oder Religiöses, sondern der Albtraum aller Brandschutzexperten: Kochplatten. Und da man gerade so dabei ist, auch alle anderen stärkeren elektrischen Geräte wie Kühlschränke oder auch Haarföne. Wer Pech hat, bekommt tatsächlich Sachen konfisziert und kann sie bei seinem Auszug wiederbekommen, was natürlich etwas nervig ist, wenn manz.B. gerade ein vierjähriges Bachelorstudium begonnen hat. Wer Glück hat, wird von den ayis ermahnt, immer schön vorsichtig zu sein und alles nach Gebrauch abzuschalten. Was auch nicht geht: Haustiere (zumindest keine größeren…).

Preise

Viele ausländische Studenten kommen mit einem CSC-Stipendium nach China, in dem oft (aber auch nicht immer) ein Wohnheimsplatz enthalten ist. Alle anderen müssen für das Wohnheim zahlen. Die Preise können durchaus schwanken, aber das Wohnheim wird in aller Regel günstiger als ein WG-Zimmer sein.

Manche Unis erlauben gar nicht, dass man außerhalb des Wohnheims wohnt. Anderen ist es egal. Andere schließlich (und dazu gehörte die Nanjing University) haben mit überfüllten Ausländerwohnheimen zu kämpfen und unterstützen daher Studenten finanziell, die sich selber was suchen. Ach, China, und du willst ein Zentralstaat sein.

Hier jedenfalls mal ein kleiner Vergleich (Preise pro Semester):

Yunnan University: 1350-2700 RMB

Yunnan Normal University: 7000 RMB

Nanjing University: 3000 – 12.000 RMB

Tsinghua University: 7200 – 14.400 RMB

Beijing University of Post and Telecommunications: 5400 RMB

Beijing Film Academy: 9000 RMB

Southwestern University of Finance and Economics: 4800 RMB

Die Miete unterscheidet von Uni zu Uni doch sehr, sogar innerhalb der gleichen Stadt, von Differenzen zwischen einzelnen Wohnheimen der gleichen Uni mal ganz zu schweigen. Am besten ist, man fragt vorher oder sonst vor Ort, was das Wohnheim pro Semester kostet und was im Preis alles enthalten ist (Internet…?).

Weitere Infos

China wäre nicht China, wenn nicht die zuverlässigste Informationsquelle Leute vor Ort wären, also entweder Wohnheimsbewohner oder Mitarbeiter der Univerwaltung, die man mit Glück auch per Mail erreicht.

Doch auch das Internet kann ein bisschen helfen. Einerseits sind das natürlich die Homepages einzelner Unis, aber es gibt auch noch ein paar andere Seiten, die z.T. irgendwie versuchen einem irgendwelche Services anzudrehen, deren Infos auf der Website aber trotzdem zumindest nicht völlig falsch sind:

CUCAS: nützlich für Infos, z.B. Wohnheimspreise.

Campus China: ähnlich wie CUCAS, nur vom offiziellen Chinese Scholarship Council (CSC) betrieben

DAAD-China: allgemeine Infos und Erfahrungsberichte ehemaliger Stipendiaten, auch zum Leben im Wohnheim

Schaut euch also erstmal das Wohnheim an, in Zweifel kann man immer noch z.B. nach dem ersten Semester ausziehen. Und: Genießt China! Dieses Land gibt es nicht so oft.

Liebe Leserschaft, ich hoffe das hilft euch ein bisschen weiter! Habt ihr noch Fragen zum Wohnheimslifestyle in China? Habt ihr auch mal in einem Wohnheim in China gewohnt? Dann schickt mir eine Nachricht oder hinterlasst einen Kommentar!

Eure auch in Deutschland im Wohnheim lebende Charlotte (mit Bad und Dusche)

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